Ab wann bist du zu alt für den Arbeitsmarkt?

Immer wieder schlagen BewerberInnen bei mir auf, die 55+ sind und davon überzeugt, sie wären schon zu alt, um noch einen Job zu finden.

Bei jeder Absage vermuten sie: „Eh klar. In meinem Alter ..."

Liest man ja auch überall: Die Alten, die Problembären am Arbeitsmarkt.

Aber ist das wirklich so?

60 ist das neue 40

Ich könnte jetzt bis Hallelujah aus meiner Praxis als Headhunterin erzählen, wo ich ständig ältere Kaliber vermittle. Aber kein Schwein liest so lange Blogposts.

Deshalb hier nur ein paar Highlights der letzten Jahre. Da war z.B. ...

  • die 62-jährige Logistikleiterin, die ich vermittelt habe und die dann nach eineinhalb Jahren ABGEWORBEN wurde
  • die bereits seit Jahren pensionierte Assistentin, die es mit 63 daheim nicht mehr ausgehalten hat und mit der ersten Bewerbung, die sie verschickt hat, sofort einen Job gekriegt hat. Wie?! - Lies meinen Blogpost von mir über Arbeitsmoral und Seniorenheim https://hr-schoeffmann.at/reden-wir-mal-ueber-arbeitsmoral-und-warum-ich-bald-in-der-seniorenresidenz-headhunten-werde/
  • der 58-jährige Data Analyst, der genervt war, weil ihn über Xing ständig Headhunter aus der ganzen DACH-Region kontaktieren. Hat dann in seinem Profil das Alter dazu geschrieben, damit Ruhe ist. Hat aber nichts genützt 🙂
  • der Softwareentwickler, der dachte er müsse die letzten 5 Jahre seines Arbeitslebens unterbezahlt im miesen Arbeitsklima einer Drecksbude ausharren. Hab ihn an einen Kunden vermittelt, wo er trotz inzwischen erreichtem Pensionsalter weiter arbeitet, weil es ihm so gut gefällt.
  • die nette Informatikerin aus Sachsen, die mit 56 unbedingt nach Salzburg ziehen wollte. Hab ihren CV an 4 Kunden weitergeleitet. Ergebnis: 3 Jobangebote. Und nachdem inzwischen ihr neuer Arbeitgeber insolvent geworden ist, verkaufe ich sie nun mit fast 58 neuerlich. Juchu! 🙂

Das Alter alleine ist nicht (mehr) das Problem

Alter ist auch ein Vorteil. Und damit meine ich nicht nur die Erfahrung, die man (hoffentlich) hat.

Alter bedeutet auch:
„Bei dem muss ich mir keine Sorgen machen, dass er noch große Wechsel- oder Karriereambitionen hat und sich in 2 Jahren zum Mitbewerb vertschüsst.“

„Das ist eine Generation, die noch loyal ist und wo ein sicherer Job noch was zählt.“

Aber stimmt. Das war nicht immer so. Noch vor 10 Jahren hat man bevorzugt Junge eingestellt, weil „der bleibt mir die nächsten Jahrzehnte“. Ältere hingegen nicht. „Der schielt ja schon mit einem Auge auf die Pension.

Und eben das hat sich gedreht. Die Jungen bleiben in der Regel nicht lange bei einem Arbeitgeber. Und die Alten können nicht mehr so früh in Rente.

Für Firmen ist der Pensionsantritt kalkulierbarer geworden. Deutsche (auch Frauen) müssen sogar bis 67 arbeiten. Dadurch haben sie auch noch mit 57 beste Chancen.

Zumindest dann, wenn sie was können und sich gut verkaufen.

Dazu kommt: Früher galt: jung = billig bzw. alt = teuer. Auch das stimmt nicht mehr. Man bekommt heutzutage Routiniers mit 30 Jahren Erfahrung zu Gehältern, die Uniabsolventen mit zwei Jahren Praxis aufrufen.

Klingt ja alles super, aber du hast gegenteilige Erfahrungen gemacht? Bekommst ständig Absagen und vermutest, dass es das Alter ist? Dann check bitte mal, ob du dich für die richtigen Stellen bewirbst und ob es nicht vielleicht an der „Verpackung“ liegen könnte. Weil gerade bei der "Verpackung" haben die Älteren oft echte Defizite.

Hier meine Tipps

Deine Bewerbungsunterlagen MÜSSEN zeitgemäß sein. Einfach nur die 15 Jahre alte Europass-Vorlage aktualisieren? - Bitte nicht!!! Solche Uralt-Designs sind schon bei einem 30-Jährigen nachteilig. Bei dir ist das tödlich.

Vermeide alles, was altmodisch wirkt. Das sind

  • Formulierungen wie „Hochachtungsvoll“, „bezugnehmend“, „Betreff“ und generell Formulierungen, die altbacken oder nach Amtsdeutsch klingen. Und Einleitungen wie „Mein Name ist …"
  • Altmodische Schriften wie „Times New Roman“ oder „Comic Sans“
  • Lebensläufe, die auf eine Seite gequetscht werden, weil man das früher mal so gelernt hat.
  • Schlechte Bewerbungsfotos, auf denen dunkle, tote Farben dominieren.
  • Generell: keine schwarzen Klamotten auf Bewerbungsfotos! Und auch wenn der Fotograf es noch so toll findet: lass dir keinen sepiafarbenen Hintergrund aufschwatzen.

Aber: Lass genauso die Finger von diesen jugendlich-verspielten Layoutvorlagen, die man im Netz findet. Es schaut lächerlich aus, wenn sich ein 55-jähriger Geschäftsführer mit einem quietschbunten CV bewirbt, das Foto kreisrund zugeschnitten und jede Überschrift mit irgendeinem Icon garniert.

„Ich mach jetzt mal etwas total Neues“ ist nicht mehr

Fakt ist aber auch: Mit Mitte 50 bist du tatsächlich zu alt um dich für Jobs zu bewerben, für die du zu wenig Erfahrung mitbringst. Weil niemand will einen „Lehrling“ in deinem Alter und in deiner Gehaltsklasse.

Und wenn die Einschulungszeit zu lange ist, zahlt sich das für ein Unternehmen oft tatsächlich nicht mehr aus bis zur Rente.

Grundregel: Je kürzer du vor der Rente stehst, desto mehr musst du "plug&play" bieten können.

Und zum Abschluss wieder in bisserl Eigenwerbung: Bevor du drölzig Absagen kassierst und irgendwann überzeugt davon bist, dass keine Sau dich noch einstellt, melde dich bei mir!

Manchmal hab ich den passenden Job.

Und wenn nicht, dann bastle ich dir zumindest Bewerbungsunterlagen mit denen dich keiner mehr für „zu alt“ hält 😉

Ines Schöffmann

Headhunterin, Personalberaterin, Bewerbungscoach, Texterin

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